In den letzten Jahren hört man aus China immer häufiger Anekdoten in Bezug auf Verstöße gegen das 1994 verabschiedete und 2015 umfassend überarbeitete Werbegesetz. Nicht zuletzt wegen der vergleichsweise hohen Strafen von 200.000 – 1 Mio. Yuan[1] (umgerechnet ca. 26.000 – 130.000 €) sorgte die im Volksmund als „strengstes Werbegesetz aller Zeiten“ bezeichnete Überarbeitung von Beginn an für Gesprächsstoff.

Was aber ist neu an der überarbeiteten Fassung

Das Ziel der Gesetzgebung war und ist die Werbetätigkeit zu normieren, um eine gesunde Entwicklung der Werbewirtschaft zu fördern, die legalen Rechte der Verbraucher zu schützen, die sozioökonomische Ordnung zu sichern und die positive Funktion der Werbung in der sozialistischen Marktwirtschaft zur Geltung zu bringen.

Die überarbeitete Fassung hat nun allerdings detailliertere Regelungen geschaffen und somit einen deutlich größeren Umfang als das Werbegesetz von 1994.

Das Besondere an der 2015 in Kraft getretenen Fassung besteht darin, dass die sogenannte „irreführende Werbung“ sehr konkret definiert wurde. Der Gesetzgeber hat hier offenbar versucht, transparentere Standards festzulegen, an denen eine „irreführende Werbung“ erkannt werden kann.

Die Transparenz soll einerseits den Gerichten eine einheitliche Gesetzesanwendung ermöglichen und andererseits auch eine standardisierte Veröffentlichungsvorkontrolle, Überwachung und Nachkontrolle durch die zuständige Behörde SAIC (State Administration for Industry and Commerce of the People’s Republic of China) erleichtern.

Durch zahlreiche Strafverfahren auch gegen renommierte chinesische Unternehmen, wie z.B. die chinesische Online-Handelsplattform JD sorgt die strikte Implementierung des neuen Werbegesetzes durch die SAIC immer wieder für Schlagzeilen und Gesprächsstoff.

Wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Werbe-Ästhetik sind westliche Unternehmen eigentlich nicht Zielscheibe solcher Kontrollen. Dennoch können auch Werbetexte europäischer Unternehmen Ziel einer Kontrolle werden. Gleichwohl die Geldstrafen durchaus empfindlich ausfallen können, wiegt der Imageverlust in der Öffentlichkeit für das Unternehmen im Vergleich zur Geldstrafe ungleich schwerer.

Welche neuen Regelungen sind es nun, bei denen man für den chinesischen Markt bestimmte Werbetexte besondere Vorsicht walten lassen muss?

Gefahrenzone 1: Vorsicht mit „Superlativen“

Die Verwendung von Superlativen wie z. B. die Behauptung, ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen sei „König der Klasse“, „weltmarktführend“, „das Beste in der Kategorie XY“, „das erste XY“ wird aufgrund der schlechten Nachweisbarkeit als irreführend bewertet und ist somit nicht zulässig.

 

Gefahrenzone 2: Falsche Werbeversprechen vermeiden

Man kennt den Fall aus den USA, wo ein Red-Bull-Konsument das Unternehmen 2013 wegen falscher Werbeversprechen verklagt hat, da das Getränk keine Flügel verleihe. Das Unternehmen musste damals ein Bußgeld von insgesamt 13 Millionen US-Dollar bezahlen.

Einen ähnlichen Fall gab es 2016 auch in China zu beobachten:

Ein Waschmittelhersteller warb damit, dass sein Produkt „für alle üblichen Gewebearten geeignet“ sei, und dies, obwohl es nicht für Seidendecken geeignet war. Der Hersteller musste eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro zahlen.

 

Gefahrenzone 3: Patentiert, ja oder nein?

Industrieunternehmen bewerben die Qualität ihrer Produkte gern damit, dass diese „patentiert“ seien. Hier muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die beworbenen Produkte tatsächlich auch in China bei der SIPO (chinesische Patentbehörde) angemeldet sind. Sich in der Anmeldungsphase befindliche, nicht oder noch nicht zugelassene Patente dürfen grundsätzlich nicht mit „patentiert“ beworben werden. Der chinesische Elektronik-Hersteller Xiaomi musste 2016 aufgrund dieses Verstoßes ebenfalls eine Strafe in Höhe von ca. 20.000 Euro zahlen.

 

Gefahrenzone 4: Vergleich nur auf Basis von nachvollziehbar glaubwürdigen Zahlen

Die höchste Strafe von 12,5 Mio. Yuan (umgerechnet 1,6 Mio. Euro) wurde 2018 gegen die Gebrauchtwagen-Plattform Guazi aufgrund eines Verstoßes gegen das neue Werbegesetz zu verzeichnen:
Auslöser waren vier Zeichen eines vermeintlich harmlosen Werbeslogans dieses Startup-Unternehmens:

创办一年,成交量就已遥遥领先。

(Übersetzt: Ein Jahr nach der Gründung liegt das Geschäftsvolumen bereits mit großen Vorsprung vorne.)

Die Begründung der SAIC im November 2018 war ein sehr nüchterner Vergleich des Geschäftsvolumens mit zwei weiteren Plattformen:

guazi.com:                        85.874 Fahrzeuge

Konkurrenten:

2sc.cn:                              442.878 Fahrzeuge

renrenche.com:             92.375 Fahrzeuge

Die extreme Höhe der Geldstrafe ist darauf zurückzuführen, dass die SAIC sich hier nach den Kosten für diese Werbeaktion gerichtet hat.

Fazit: Auch wenn ausländische Unternehmen nicht das eigentliche Ziel der Verordnungen des aktualisierten Werbegesetzes sind, gilt es doch insbesondere in Marketingstexten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um nicht doch ins Visier der SAIC zu gelangen und neben einer Strafe vor allem einen Imageverlust bei potenziellen Kunden zu riskieren.

[1] Die Höhe der Strafe richtet sich entweder nach dem eingesetzten Werbebudget oder, wenn dieses nicht ermittelt werden kann oder deutlich zu niedrig angegeben wurde, nach dem im Werbegesetz festgelegten Bußgeldrahmen.

 

Wenn Sie einen Text auf Rechtskonformität prüfen lassen möchten oder mehr darüber wissen möchten, wie man mit Prüfroutinen Texte auf Rechtskonformität prüfen kann, wenden Sie sich gern an unseren chinesischen Spezialisten bei Yabylon: li.yu@yabylon.com