Spezielle Unternehmenskennzahlen können harte Fakten für den Mehrwert einer konsequenten Lokalisierungsstrategie liefern. Dabei ist es kein Hexenwerk, Entscheidern betriebswirtschaftlich schlüssige Argumente für die Lokalisierung an die Hand zu geben.

Die Lokalisierung von Produkten, Produktnamen, Services und deren Interaktionseigenschaften wird – seltsamerweise – gerade bei international agierenden KMUs als eher nachrangig empfunden. Produkte und Services werden designt, benannt und beschrieben und dann, lediglich als letzter Schritt einer langen Prozesskette, „übersetzt“. Diese „Übersetzungen“ werden häufig eher als lästiger Kostenfaktor begriffen, denn als Chance mit einer Lokalisierungsstrategie Kunden den Umgang mit Produkten und Services zu erleichtern. Dabei dürfte es wohl inzwischen eine Binsenweisheit sein, dass leichter, intuitiver Zugang und Umgang zu Produkten und Services Umsatz, Gewinn und Kundenloyalität steigern.

Viele Leute im Marketing haben dies schon erkannt; allein, es fehlen häufig die entsprechenden Budgets für eine stringente und effektive Lokalisierung. Nichts beeindruckt eben mehr als harte Zahlen, wenn es darum geht Mittel für eine solche Anpassung freizubekommen.

Die Lösung dieses Dilemmas besteht darin, spezielle Key Performance Indicators (KPI) zu erheben, die die Kostenseite von Lokalisierungen mit der allgemeinen Geschäftsentwicklung im Zielmarkt in Beziehung setzen. Statt also nur auf die vermeintlichen Kosten zu schauen, ließen sich mit präzise an die Bedürfnisse des Unternehmens angepassten KPI schnell Beispielfälle aufbauen, die überzeugende Argumente für eine fachlich und kulturell solide Lokalisierungsstrategie liefern. Eine Strategie übrigens, die die potenziellen Risiken einer Produkteinführung auf internationalen Märkten – als da wären: Umsatzeinbußen, Ansteigen der After-Sales Kosten, Gefährdung der Marktanteile, Schwächung der Marke , etc. – genau im Auge behält. Nennen wir diesen Abgleich zwischen den Kosten und den messbaren Effekten hier einfach mal den Lokalisierungs-ROI (return on investment). Mit so einer übergeordneten Kennzahl und den KPI, aus denen sie sich aufbaut, ließe sich einer Unternehmensführung schnell zeigen, dass den Kosten einer Lokalisierung keineswegs nur ein wenig fassbarer, „weicher“ return gegenübersteht, sondern messbarer Umsatz und Gewinn.

Die „weichen“ Argumente für eine möglichst treffende Anpassung an Zielmärkte – selbstverständlich ohne dabei Markenidentität, Produktbekanntheit oder sogar den Vorteil der Herkunft (z.B. Made in Germany) aufzugeben – sind hinreichend bekannt: bessere Umsätze von Produkten und Services, Verbesserung des Markenimages und der brand recognition (ungestützter Bekanntheitsgrad einer Marke), effektivere Kommunikation zur Kundenneugewinnung und Altkundenbindung. Doch für diejenigen, die diese Strategie verfolgen möchten, bleibt das Problem bestehen, betriebswirtschaftlichen Nachweis zu führen. Wenn man jedoch relevante KPI – natürlich auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten – zur Hand nimmt, lässt sich ein Lokalisierungs-ROI erstellen, der beste Argumente für eine Strategie insbesondere früher und sorgfältiger Lokalisierung liefert. Parameter, die dafür nützliche Aussagen träfen wären zum Beispiel folgende:

• Übersetzungskosten pro Wort
• Übersetzungskosten vs. Umsatz pro Land (unter Beachtung von Produktzyklen)
• Relativer Marktanteil im Vergleich zur Konkurrenz, wenn möglich verglichen bevor und nach erfolgter Lokalisierung
• Rate der Neukundengewinnung, wenn möglich vor und nach erfolgter Lokalisierung
• Anstieg der Übersetzungskosten pro Land vs. Anstieg des Marktanteils pro Land
• Kundenzufriedenheit bezüglich lokalisierter Inhalte (ermittelt durch Kundenbefragung)
• Kundenanbahnungserfolg durch Lokalisierung (ermittelt durch Kundenbefragung)
• Kundenbindung durch Lokalisierung (ermittelt durch Kundenbefragung)
• Anzahl und Anstieg der Kaufinteressenten vor und nach erfolgter Lokalisierung
• Wachstumsrate auf internationalen Märkten vs. Übersetzungskosten (pro Zielmarkt und insgesamt)
• Anstieg des Online-Engagement der Kunden vor und nach erfolgter Lokalisierung
• Kundendienstaufwand vor und nach erfolgter Lokalisierung
• Online-Traffic pro Zielmarkt und Sprache vor und nach erfolgter Lokalisierung
• Seitenklicks, Likes und Teilen der Webseite als Indikatoren für Kundeninteresse

Die obigen Parameter ließen sich relativ leicht erheben, und bieten ein Zahlengerüst, das den Mehrwert einer Lokalisierungsstrategie schon recht gut abbildet. Hinzu kommt natürlich die Notwendigkeit Maßnahmen eventueller Wettbewerber zu beobachten, z.B. ob die Konkurrenz lokalisierte Produkte und Services im selben Marktsegment anbietet, und wie diese performen. Zudem lässt sich diesen Zahlen auch eine negative Rechnung gegenüberstellen: Was wären die potenziellen Verluste in Bezug auf Marktanteile, Markenbekanntheit und Umsatz, wenn eine Lokalisierung unterbleiben würde?

Nun wird oben ganz lakonisch von „Kundenbefragung“ gesprochen. Bei so manchem macht sich da jedoch Skepsis breit, denn häufig sind solche Erhebungen abstrakte Datenkonvolute, die wenig Aussagekraft haben. Dennoch gibt es inzwischen Erhebungsmethoden, die empirische und präzise Zahlen über das „Kundenerleben“ (customer experience) beim Kontakt mit dem Unternehmen generieren. Insbesondere für Retailer und serviceorientierte Unternehmen ist dieses Wissen um das Kundenerleben Gold wert: schnell wird nämlich klar, dass die Kundenschnittstellen vor allen Dingen eines leisten müssen, nämlich mühelosen Zugang und Umgang mit Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens. Eine wie auch immer geartete Sprach- und/oder Verständnisbarriere oder auch nur mangelnde Vertrautheit, sind daher die ersten logischen Angriffspunkte für messbare (!) Erfolge einer nachhaltigen Lokalisierungslösung.

Angenommen, man hätte nun belastbare Zahlen, die die Sinnhaftigkeit einer stringenten Lokalisierung betriebswirtschaftlich untermauern, so bleibt doch noch die Notwendigkeit, diese in die Unternehmensstrategie und in das was man im besten Angelsächsisch „global content strategy“ nennt, einzubinden. Die Effektivität, und letztlich auch die Kosteneffizienz, einer Lokalisierungsstrategie hängt nämlich auch davon ab, wo und wann im Design- und Marketingprozess damit begonnen wird, sinnvolle Anpassungen an Zielmärkte vorzunehmen. Soll heißen: je früher, desto besser.

Fazit: Lokalisierung spielt eine strategische Rolle im Umgang mit fremdsprachlichen Märkten. Diese strategische Wichtigkeit lässt sich mit einem Lokalisierungs-ROI und seinen KPI zeigen. Dennoch gilt es immer zu bedenken, dass es die Qualität der Lokalisierungsarbeit ist, die letztlich den Erfolg bestimmt – sprachlich, fachlich und kulturell.