Viele Firmen horchen beim Thema „Machine Translation (MT)“ auf. Gerade wenn es um Kostensenkung oder die Verkürzung von Bearbeitungszeiten geht. Doch Machine Translation und deren Nutzen ist mit vielen Mythen behaftet. Im 1. Teil unseres Blogs beleuchten wir, was man zu diesem Zeitpunkt von MT erwarten kann und was nicht. In einem zweiten Teil geht es dann um die Details einer etwaigen Nutzung.

Wie ist also der Stand der Dinge? Es gibt Sensationsmeldungen darüber, wie einfach und auf Knopfdruck jetzt Texte mit z.B. Google-Translator zu übersetzen sind. Zweifelsohne wächst auch weltweit das Volumen an Texten, die übersetzt werden müssen ins Unermessliche. Die Hoffnung ist, dass Übersetzungskosten durch den großflächigen Einsatz von Maschinen stark gesenkt werden können. Der Faktor Mensch (eben der Übersetzer) wird als zu kostenträchtig empfunden, seine weitgehende Ersetzung als wünschenswert.

Doch Skepsis ist geboten. Die im Moment zur Verfügung stehenden MT-Verfahren und Programme sind ohne menschliche Beteiligung allesamt noch nicht in der Lage, die hohen qualitativ-inhaltlichen Anforderungen von Unternehmen zu bedienen. Hochwertige Übersetzungen sind immer noch hybride Veranstaltungen: sie sind auf das reibungslose Zusammenspiel von Mensch und Maschine angewiesen.

 

Ach ja, die Praxis…

Die Frage ist also: „Ist Machine Translation sinnvoll für mich, meine Firma einsetzbar?“ Das kann man ganz einfach anhand der folgenden Fragen abprüfen:

–    Wird das Kommunikationsziel meiner Texte in der Übersetzung voll erreicht?
–    Bleiben Kosten auf gleichem Niveau oder lassen sich gar senken?
–    Werden sprachliche und ästhetische Standards betreffs der Außendarstellung meiner Firma und meiner Marke sicher eingehalten?
–    Verschaffe ich mir mit dem Einsatz von MT wirklich einen Time-to-Market-Zeitvorteil?

Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass nicht alle MT-Tools auf dem Markt in allen Sprachkombinationen gleich gut sind. Unterschiedliche Qualitätsanforderungen bedingen zudem auch unterschiedliche Workflows. MT mit Post-Editing  – also maschinelle „Rohübersetzungen“, die dann in einem Nachbearbeitungsprozess durch einen Übersetzer an die Qualitätsanforderungen angepasst werden – ist da nur eine Methode. MT ohne solche Nachbesserungen sind dem Stand der Technik nach eigentlich nur für Texte geeignet, deren inhaltliche Treue eher im Bereich des lediglich groben Verständnisses der Kernaussage zu liegen braucht. Für die Praxis heißt das also, dass die Anforderungen an die inhaltliche und ästhetische Treue der Übersetzung zu klären sind, bevor man sich ins Reich der Machine Translation begibt.

 

Für wen kommt Machine Translation in Frage?

Sie haben vielleicht schon gehört, dass viele namhafte Unternehmen in großem Umfang MT nutzen. Besonders, wenn es darum geht, wiederkehrend und in großen Mengen technische und formalisierte Texte übersetzen zu lassen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Unternehmen ihre Texte einfach nur durch Google, Microsoft Translator Babelfish oder ähnlich automatisierte Tools laufen lassen und das war’s dann. Neben Datenschutzbelangen und solchen, die geistiges Eigentum betreffen, sind so generierte Übersetzungen für den kommerziellen Einsatz kaum brauchbar.

Wenn es um Machine Translation geht, beauftragen große Unternehmen daher entweder externe Dienstleister oder setzen firmeninterne eigene Systeme auf. Beides ist mit Initial- und Unterhaltskosten sowie einem hohen Zeitaufwand verbunden. Die Investition zahlt sich aber nur dann aus, wenn das Volumen an stark repetitiven Texten so groß ist, dass sich Einzelbeauftragungen externer Übersetzungsdienstleister im Vergleich nicht (mehr) rechnen. Das hat übrigens auch einen ganz einfachen technologischen Hintergrund. Machine Translation, basierend auf der statistischen Methode, aber auch die neuronalen MT-Lösungen benötigen immer noch ein extensives „Training“. Sie brauchen, bevor auch nur die erste Zeile verwendbar übersetzt wird, eine große Menge an Lernmaterial, um passable Übersetzungen liefern zu können. Ob die Aufwände für dieses Training (jemand muss die MT-Tools ja füttern…) im Verhältnis zu dem zu erwartenden Volumen stehen, also ultimativ kostensenkend und zeitsparend wirken, wäre demnach zu überprüfen.

 

Einsatzgebiete von Machine Translation

Texte, bei denen sich der Einsatz von Machine Translation lohnen könnte, wären klassische Textsorten wie technische Doku­men­tationen, Betriebs­anlei­tungen oder Produkt­informationen. Hinzu kommen Texte/ Daten, die im Internet produziert werden: in Foren, sozialen Netzwerken oder auf Online-Shopping-Webseiten. Eben überall dort, wo Texte spontan in verschiedenen Sprachen vorliegen müssen und häufigen Änderungen und Ergänzungen unterliegen. Foren oder soziale Netzwerke sind da gute Beispiele. Auf dem klassischen Übersetzungsweg ist diese Datenmenge – vor allen Dingen zeitnah – nicht mehr zu bewältigen.

Texte jedoch, bei denen es auf die inhaltliche und sprachliche Richtigkeit ankommt (z. B. Publikationen, Kataloge etc.), bedürfen eher des Einsatzes von Machine Translation in Kombination mit Post-Editing. Dabei führt das maschinelle Übersetzungssystem eine Vor­übersetzung des Textes durch. Dann überarbeitet ein Post-Editor diese Texte, korrigiert inhaltliche und sprachliche Defizite. Dabei muss jedoch klar sein, dass MT plus Post-Editing ebenso gut ausgebildete und fähige Fachkräfte verlangt wie eine herkömmliche Übersetzung.

Für die konkreten Textsorten heißt das, formalisierte technische Texte eignen sich wahrscheinlich am besten für MT-Lösungen. Marketingtexte, die einer kulturellen Anpassung  bedürfen, eignen sich nach dem aktuellen Stand der Dinge überhaupt nicht für Machine Translation. Alles, was dazwischen liegt, unterliegt letztlich der Abwägung, wie viel Post-Editing-Arbeit in die Texte gesteckt werden soll.

 

Gute Übersetzungsdienstleister arbeiten bereits mit computergestützter Software!

Professionelle Übersetzungsdienstleister, die konsistent Texte hoher Qualität erstellen, benutzen bereits seit geraumer Zeit diverse computergestützte Tools. Translation Memories, Terminologiedatenbanken, Fuzzy Matches und Style Guides mit automatischen Vorschlagsfunktionen helfen dabei, fehlerfreie und hochwertige Übersetzungen anzufertigen, die stets kongruent mit Stil und Terminologie der Ausgangstexte sind. Bereits verwendete Textabschnitte, Wendungen und Bausteine werden auf diese Weise kostengünstig auch in neue Texte integriert.

Ob man aber den Sprung in stärker automatisierte Verfahren wählen sollte, hängt – leider wie immer – von den definierten Anforderungen an die Textqualität ab. Wer hohe Qualität und lokale Anpassung braucht, ist bei mehr oder weniger „reinen“ MT-Lösungen nicht unbedingt gut aufgehoben. Denn die Computerlinguistik allein ist noch lange nicht so weit, eine „billige Alternative“ zu einer Übersetzung durch Menschenhand für jede Textart zu sein.

 

(Unser nächster Blog, Teil 2 des Machine-Translation Themas, beschäftigt sich detaillierter mit den jeweiligen Verfahren, Nutzen und Risiken.)