Wer Qualität will, sollte nicht nur auf den Preis schauen, sondern sich selbst und die Anbieter ehrlich nach Anforderungen und Leistungen im Übersetzungsmanagement befragen. Doch wer ein paar sinnvolle Auswahlkriterien beachtet, bleibt von bösen Überraschungen – und höheren Kosten -– verschont.

 

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Übersetzungsdienstleister aller Art sind in Zeiten des Internets leicht zu finden, auch verblüffend günstige Angebote. Wer jedoch bei der Auswahl eines Dienstleisters ausschließlich auf den Preis schaut, wird mit großer Wahrscheinlichkeit später draufzahlen. Die richtige Strategie ist es daher, Dienstleister auf ein transparentes Preis-Leistungsverhältnis hin auszusuchen, das genaue Auskunft darüber gibt, ob und wie die vom Unternehmen aufgestellten Anforderungskriterien erfüllt werden.

Dabei können Unternehmen zunächst einmal selber sehr viel dazu beitragen, an den richtigen Dienstleister zu geraten. Eine sorgfältige Definition der eigenen Anforderungen (Textart, Qualitätsanspruch, Volumen, Termine) an Übersetzung und Lokalisierung ist dabei der entscheidende Schritt. Ein Kunde, der nur in Deutschland ansässig ist, aber in Frankreich, Spanien, Italien und England Vertriebspartner hat, setzt eben andere Prioritäten im Übersetzungsmanagement als ein multinationaler Konzern mit Niederlassungen in 20 Ländern. Wiederum andere Anforderungen entstehen, wenn voraussehbar ist, dass es um längerfristige Projekte geht (z.B. Broschürenreihen, die sich in neuen Produktlinien kontinuierlich fortsetzen; längerfristige Marketingkampagnen etc.). Bei diesen Themen ist unbedingte sprachliche Konsistenz ein zentrales Qualitätskriterium, das z.B. im Falle unkoordinierter Einzelaufträge an Freelancer kaum oder nur mit zusätzlichem unternehmensinternen Aufwand (Koordination!) erreicht werden kann.

Ein weiterer Sonderfall im Übersetzungsmanagement sind Marketingtexte. Viele Unternehmen, gerade solche, die sich stark auf ein klares Branding verlassen, sind darauf angewiesen, dass Tonalität und Ansprache der Marke auch in den Sprachen und kulturellen Besonderheiten ihre genaue Entsprechung finden. Fehlgriffe können hier ganze, zuvor sorgfältig kreierte, Kampagnen und Content-Strategien schlicht und einfach unterlaufen, ja sogar schädigend wirken. In einigen Fällen ist eine „Transcreation[1]“ zu empfehlen, also eine Übertragung der Inhalte und Kommunikationsabsichten, unter Einbezug ästhetischer Parameter und lokaler Verhältnisse. Solche Arbeiten erfordern einen anderen Workflow und sind von entsprechend spezialisierten Übersetzern zu leisten.

Status quo der Lokalisierung

Derjenige also, der im Unternehmen die Themen Übersetzung und Lokalisierung verantwortet, ist gut beraten, wenn er neben einer klaren Definition der eigenen inhaltlichen und formalen Anforderungen bei Anbietern ganz offensiv folgende Punkte abfragt:

• Passen die Kompetenzen und Spezialisierungen (Sprachen, Themenbereiche und zusätzliche Dienstleistungen) des Sprachdienstleisters zum Bedarf Ihres Unternehmens?

• Werden die Übersetzungen stets von einem zweiten Muttersprachler (Zielsprache) korrigiert und damit durch ein 4-Augen Prinzip eine hohe Qualität sichergestellt?

• Existiert ein Translation Memory (TM), das bereits übersetzte Wendungen, Textbausteine, Terme und Sprachregelungen sinnvoll in neue Texte einfügen kann, sodass es im Laufe einer langjährigen Zusammenarbeit zu einer messbaren Kosten- und Zeitersparnis im Übersetzungsmanagement führt? Und wo wird diese TM verwaltet – beim Unternehmen oder dem Dienstleister?

• Gibt es nachvollziehbare Qualitätssicherungsmaßnahmen (welche Tools werden dazu eingesetzt; gibt es ein systematisch quantifizierbares Fehler-Reporting und entsprechende Anforderungen dazu)?

• Arbeiten die angefragten Anbieter nach den Vorgaben von EN 17100, einer europäischen Prozessnorm für Übersetzungsdienstleistungen im Übersetzungsmanagement?

• Wie funktioniert der Workflow zwischen Dienstleister und Unternehmen?

• Erfahrung: Welche Referenzkunden (sprach- und themenbezogen) gibt es – und kann man dort geleistete Projekte einsehen, die den Ihren ähneln?

Welche anderen sinnvollen Leistungen bietet ein Dienstleister, z. B.:

Aufbau und Pflege von Terminologiedatenbanken

• Beratung zu Lokalisierungs- und Globalisierungsthemen

Desktop Publishing (DTP)

API-Anbindung an CMS

Cold Hard Cash

Letztlich ist es natürlich so, dass Unternehmenshandeln stets kostengetrieben ist. Drei Beispiele, was die Nichtbeachtung oben genannter Kriterien zur Folge haben könnte, verdeutlichen jedoch schnell, dass es hier keineswegs um textlich-ästhetische Haarspaltereien, sondern auch im Übersetzungsmanagement um cold hard cash geht. Wieso also ist es beispielsweise so wichtig, wem das Translation Memory gehört? Ganz einfach, wenn die Rechte daran beim Dienstleister verbleiben und dieser die TM nicht an das Unternehmen aushändigt, kann das Unternehmen bei einer etwaigen Anfrage an einen weiteren Dienstleister nicht von den bisher erzielten Rabatten durch die TM profitieren. Oder, ein anderes Beispiel: Ein Dienstleister bietet ungeheuer günstige Wortpreise für ein „neues Wort“ an, erzielt diese aber indem er durch die Verwendung von „Fuzzy Matches“ (also quasi-identischen Übersetzungen aus vorangegangenen Übersetzungen) Zeit und Kosten spart, diesen Kostenvorteil aber nicht das Unternehmen weitergibt im Übersetzungsmanagement. Ein drittes Beispiel, und vielleicht das langfristig kostenträchtigste bezieht sich auf die Qualitätssicherung. Die negativen Folgen von stilistisch und lexikalisch fehlerhaften Übersetzungen können im günstigsten Fall zu verspäteten Produkteinführungen, im ungünstigsten Fall zu langfristigen Umsatzeinbußen und Schwächung der Marke führen.

Fazit

Content verlässlich, konsistent und stets qualitativ hochwertig an das fremdsprachige Zielpublikum zu bringen, hat für die meisten Unternehmen durchaus eine strategische Dimension. Doch wer sich vorweg klarmacht, welche Kommunikationsziele die zu übersetzenden Texte haben und in welchen Kommunikationssituationen sie eingesetzt werden, der kann mit Hilfe der oben genannten Kriterien leicht herausfinden, ob Übersetzungsdienstleister über die Erfahrung, die Expertise und die Prozesse verfügen, um Ihre zielsprachigen Texte zu produzieren, die einen Mehrwert generieren – statt nur Kostenfaktor zu sein.

[1] Zum Thema „Transcreation“ verweisen wir auf unser Whitepaper.